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6. bis 26.Dez. 1801
Jan. bis 19. Feb. 1802
20. Feb. bis März 1802
März bis Apr. 1802
Wo Seume übernachtet



Seumes Spaziergang nach Syrakus - Teil 2



26. Dezember 1801


Luftlinie: 15 km

Den zweiten Weihnachtsfeiertag kamen wir hier in Wien an

An der Grenze wurde Seume strengstens kontrolliert und durchsucht. I must needs have the face of a smuggler.

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Heinrich Friedrich Füger
(1751 bis 1818), einen der bekanntesten und einflussreichsten deutschen Maler des Klassizismus in seinem Wiener Atelier. Seume bewundert


Fügers Meisterzeichnungen zum 'Messias' von Klopstock,




Das Urteil des Brutus,


Virginius, der soeben seine Tochter geopfert hat


und Jupiter, der dem Phidias erscheint.

Seume beschwert sich über das schlechte Wetter in Wien:
Während der vierzehn Tage, die ich hier hausete, war nur einige Mal ein Stündchen reines, helles Wetter, aber nie einen ganzen Tag
Auch mit dem Theater und der Oper ist Seume nicht zufrieden: Die Italiener sind verhältnismäßig nicht besser. Man trillert sehr viel, und singt sehr wenig. Der Kastrat Marchesi kombabusiert einen Helden so unbarmherzig in seine eigene verstümmelte Natur hinein, daß es für die Ohren des Mannes ein Jammer ist
Schikaneder treibt sein Wesen in der Vorstadt an der Wien, wo er sich ein gar stattliches Haus gebaut hat
Über die öffentlichen Angelegenheiten wird in Wien fast nichts geäußert ... so sehr hält man mit alter Strenge ebensowohl auf Orthodoxie im Staate wie in der Kirche.

Einmal pfeift Seume die Marseillaise und alles erschrickt.
Dialog bei der Polizei:
»Währ üß Ähr?« fragte er mich mit einem stier glotzenden Molochsgesicht in dem dicksten Wiener Bratwurstdialekt. Ich ehre das Idiom jeder Provinz, so lange es das Organ der Humanität ist; und die braven Wiener mit ihrer Gutmütigkeit haben in mir nur selten das Gefühl rege gemacht, daß ihre Aussprache etwas besser sein sollte. Ich tat ein kurzes Stoßgebetchen an die heilige Humanität, daß sie mir etwas Geduld gäbe, und sagte meinen Namen, indem ich auf den Paß zeigte.
»Wu will Ähr hünn?«
Steht im Passe: nach Italien.
»Italien üß gruhß.«
Vor der Hand nach Venedig, und sodann weiter.
»Slähftr holtr sähr füehl sulch lüederlüchches Gesüendel härümmer.«
»Wu wüll Ähr weiter hünn?«
Vorzüglich nach Sizilien.
Er glotzte von neuem, und fragte:
»Waß wüll Ähr da machchen?«
Ich will den Theokrit dort studieren


vorgestern
Nach dem Aussterben der spanischen Habsburger 1700 kämpfen die österreichischen Habsburger gegen Ludwig XIV. im Spanischen Erbfolgekrieg um das dortige Erbe an der Monarchie, mit Erfolg, danach bricht aber alles zusammen. Karl VI. erlässt die Pragmatische Sanktion, erstes Grundgesetz der Habsburgermonarchie: Unteilbarkeit und Untrennbarkeit der Monarchie, einheitliche Thronfolge nach Primogenitur und subsidiäre weibliche Erbfolge, was bis zum Ende der Habsburgermonarchie 1918 Bestand hat. Nach dem erfolgreichen Türkenkrieg erhalten die Habsburger Nordbosnien, Nordserbien, das Banat und die kleine Walachei. Mit dem Tausch von Sardinien gegen Sizilien erzielt Österreich seine größte territoriale Ausdehnung.
Nach Maria Theresias Tod 1780 kommt ihr Sohn Joseph II. an die Macht. Er reformiert Einiges:
1781 Abschaffung der Leibeigenschaft, Säkularisierung vieler Klöster. Weitere Reformen verhindern Ungarn und die Niederlande, wo 1789 die Brabanter Revolution ausbricht.
In Össtereich sind die aufklärerische Ansätze nach dem Schock der Französischen Revolution eingefroren:


Franz II. als römisch-deutscher Kaiser (später Franz I. von Österreich)
treibt eine starrköpfige Reaktionspolitik, die vor allem mit dem Namen des Staatskanzlers Metternich verbunden ist.
In der ersten Koalition versuchen die europäischen Mächte 1792–1797, die Auswirkungen der Französische Revolution einzudämmen oder gar rückgängig zu machen. Frankreich beantwortet die Bedrohungen mit der Levée en masse, Terror im Inneren und neuen, durch die Umwälzungen in der Armee entstehenden Techniken und Taktiken und ist mit seiner Kriegsführung großenteils erfolgreich.
Die zweite Koalition (1799–1802) aus Großbritannien, Österreich, Russland, dem Osmanischen Reich, Portugal, Neapel und dem Kirchenstaat gegen Frankreich scheitert ebenso. Napoleon beherrscht Frankreich seit seiner Rückkehr von der Ägyptischen Expedition 1799, die französischen Tochterrepubliken in Italien und der Schweiz stehen vor dem aus, Russland und England ziehen sich zurück. Die Österreicher sind allein, unterliegen in Marengo und Hohenlinden empfindlich. 1801 schließen Frankreich, Österreich und das Reich Frieden.
Nach dem Sieg über die Türken 1683 setzt eine rege Bautätigkeit in Wien ein, vor allem in den Vorstädten, der Adel beginnt das ganze Umland mit seinen Gartenpalais zu überziehen. Nach den letzten großen Pestepidemien 1679 und 1713 wächst die Bevölkerung ständig, 1790 sind es bereits 200.000. Zu dieser Zeit werden auch die ersten Manufakturen gegründet, das Problem der Hygiene wird wahrgenommen, es entwickeln sich Kanalisation und Straßenreinigung, Joseph II. modernisiert die Stadtverwaltung, er führt eigene Beamte für die Stadt (den Magistrat) ein.



gestern



Am 11. September 1988 ist Paul Gompitz mit dem IC in Wien gelandet, und nachdem er Schönbrunn und andere Sehenwürdigkeiten besucht hat, schreibt er einen langen Brief. Wie Seume hat er sich vorgenommen, längere Berichte an Frau und Freunde in die DDR zu geben. Seine Absicht von der Rückkehr lässt er immer wieder anklingen, weil er von der Stasi-Mitlektüre überzeugt ist.





10. Januar 1802


Luftlinie: 38 km

Schnorr von Carolsfeld ist es zu gefährlich, weiterzwandern.
Er begleitete mich den zehnten Januar, an einem schönen, hellen, kalten Morgen eine Stunde weit heraus, bis an ein altes gotisches Monument, und übergab mich meinem guten Genius. Unsere Trennung war nicht ohne Schmerz, aber rasch und hoffnungsvoll uns in Paris wieder zu finden.
Seume übernachtet zwischen Günselsdorf und Wiener Neustadt.


Luftlinie:42 km

In dem Wirtshaus lärmen bis früh um 2 Soldaten, die streiten, tanzen, saufen, gröhlen ...
Zwischen Neusadt und Neunkirchen, der langen, langen Ebene zwischen den Bergen, die sich hinter dem letzten Orte mehr und mehr zusammenschließen, begegnete mir ein starkes Kommando mit Gefangenen. Der letztern waren wohl einige Dutzend; eben keine sehr gute Aussicht. Einige waren schwer geschlossen und klirrten trotzig mit den Ketten. Die Meisten waren Leute, welche die Straßen unsicher gemacht hatten. Aber desto besser, dachte ich; sind der Schurken weniger da; und diese werden gewiß nicht so bald wieder losgelassen. In Wien und hier auf dem Wege überall wurde erzählt, daß man die Preßburger Post angefallen, ausgeplündert und den Postillon und den Schaffner erschlagen habe. Auch bei Pegau, nicht weit von Gräz, war das nämliche geschehen. Das waren aber gewiß Leute, die vorher gehörig rekognosziert hatten, daß die Post beträchtliche Summen führte, die sich auch wirklich zusammen über 130.000 Gulden belaufen haben sollen. Bei mir ist nicht viel zu recognoszieren; mein Homer und meine Gummiflasche werden wenig Räuber in Versuchung bringen.
Seume wandert weiter nach dem Städtchen Schottwien, rechts oben grüßt Kloster Maria Schutz.









2 Tage Frost, dann Tauwetter und Regengüsse, das Flüsschen Wien rauscht vorbei, über das Wirtshaus hängt gefährlich ein Felsen, Seume liest im gemütlichen Gastzimmer Horaz und Juvenal.
Von Schottwien aus macht er den ersten Tag in dem entsetzlichsten Schneegestöber an der Wien bergauf mit vieler Anstrengung nur fünf Meilen (ca. 40km), den zweiten Tag leicht sieben Meilen bei ziemlich gutem Wetter an der Mürz bergab, kommt in Brüg an die Murr.
Unterwegs philosophiert er über Gerechtigkeit und verfasst er ein Gedicht über den billigen Richter.
Bei Rötelstein beschwert sich ein Landmann, mit dem Seume eine Meile geht, über den Schaden, den die Wölfe und Luchse anrichten.
Der Schnee ward hoch und die Kälte schneidend, und ich eilte nach Pegau, bloß weil der Ort für mich einen vaterländischen Namen hatte. Aber das Quartier war so traurig, als ich es kaum auf der ganzen Reise angetroffen hatte. Man sperrte mich mit einem Kandidaten der Rechte zusammen, der aus der Provinz nach Gräz zum Examen ging, und der mich durch seine drolligen Schilderungen der öffentlichen Verhältnisse in Steiermark, für das schlechte Wirtshaus entschädigte. Er hatte viel Vorliebe für die Tiroler, ob er gleich ein Steiermärker war, und lobte Klagenfurt nach allen Prädikamenten.





Luftlinie:40 km

Seume wandert über den Semmering weiter nach Mürzhofen.
Von Schottwien bis hierher war heute in der Mitte des Januars eine tüchtige Wandlung. Der Sömmering ist kein Maulwurfshügel; es hatte die zweite Hälfte der Nacht entsetzlich geschneit; der Schnee ging mir bis hoch an die Waden; ich wußte keinen Schritt Weg, und es war durchaus keine Bahn. Einige Mal lief ich den Morgen noch im Finstern unten im Tal zu weit links, und mußte durch Verschläge in dem tiefen Schnee die große Straße wieder suchen. Nun ging es bergan zwei Stunden, und nach und nach kamen einige Fuhrleute den Sömmering herab, und zeigten mir wenigstens, daß ich dorthin mußte, wo sie herkamen. Links und rechts waren hohe Berge, mit Schwarzwald bewachsen, der mit Schnee behangen war; und man konnte vor dem Gestöber kaum zwanzig Schritte sehen. Oben auf den Bergabsätzen begegneten mir einige Reisewagen, die in dem schlechten Wege nicht fort konnten. Der Frost hielt noch nicht, und überdies waren die Gleise entsetzlich ausgeleiert. Herren und Bedienten waren abgestiegen und halfen fluchend dem Postillon das leere Fuhrwerk Schritt vor Schritt weiter hinaufwinden. Ich wechselte die Schluchten bergauf bergab, und trabte zum großen Neide der dick bepelzten Herren an dem englischen Wagen fürbaß. Ein andermal rollten sie vor mir vorbei, wenn ich langsam fortzog. So gehts in der Welt: sie gingen schneller, ich ging sicherer. Auf dieser Seite des Sömmerings kommt aus verschiedenen Schluchten die Wien herab; und auf der zweiten Hälfte der Station, nach Mürzzuschlag, nachdem man den Gipfel des Berges erstiegen hat, kommt eben so die Mürz hervor, und ist in einer Stunde schon ein recht schöner Bach. Bei Mürzzuschlag treibt sie fast alle hundert Schritte Mühlen und Hammerwerke bis herab nach Krieglach, wo sie größer wird, nun schon einen ansehnlichen Fluß bildet, und nur mit Kosten gebraucht werden kann. Es ist angenehm, die Industrie zu sehen, mit welcher man das kleine Wässerchen zu seinen Behufen zu leiten und zu gebrauchen weiß; und die kleinen Täler an dem Flusse herunter sind außerordentlich lieblich, und machen auch unter dem Schnee mit ihren fleißigen Gruppen ein schönes Winterbild.
Die Wörter Mürzzuschlag und Krieglach klangen mir nach den Wiener Mordgeschichten gar sehr wie nomina male ominata, deren Etymologie ich mir gern hätte erklären lassen, wenn ich nicht zu faul gewesen wäre irgendeinen Pastor aufzusuchen: und ich war herzlich froh, als ich gegen Abend so ziemlich aus der abenteuerlichen Gegend heraus war. Es ist etwas sehr gewöhnliches, daß man einem Gaste, wenn er die Zeche bezahlt hat und abzieht, glückliche Reise wünscht, und man denkt weiter nicht viel dabei: aber Du kannst nicht glauben, wie angenehm es ist, wenn es in einer solchen Lage, im Januar, wenn der Sturm den Schnee gegen die Felsen jagt, mit Teilnahme von einem artigen, hübschen Mädchen geschieht, zumal wenn man den Kopf voll Räuber und Strauchdiebe hat.






vorgestern
Semmering, fast 1000 m hoch, an der Scheitelhöhe des Passes an der S 6, die seit 2004 Pass und Ort in einem Tunnel unterfährt, ist seit dem 19. Jahrhundert beliebtes Ferienziel der feinen Gesellschaft Wiens. In den Villen des mondänen Kurortes versammelt sich nicht nur der Adel, auch Künstler (etwa Kokoschka, Loos, Altenberg oder Karl Kraus), die dem hiesigen Lebensgefühl den Namen geben.
Mehrere hochrangig besetzte Schachturniere finden hier, unter den Teilnehmern so klingende Namen wie die


Schachweltmeister Alexander Aljechin und José Raúl Capablanca,

die Schachweltmeisterin Vera Menchikoder die Großmeister Paul Keres, Efim Bogoljubow und


Rudolf Spielmann.
Berühmte Hotels sind Magneten für Touristen und Wanderer.

gestern
Nach 1945 leidet der Kurort unter den Folgen des Kriegs, der russischen Besatzung und am Verlust der großbürgerlich-jüdischen Klientel.

heute
nutzen Downhill- und Freeride-Mountainbiker die Liftanlagen am Zauberberg für Familystrecke, Freeridestrecke, Downhillstrecke und zahlreichen Sprüngen, Wurzelpassagen, Steilkurven etc.


Alma Mahler-Werfel
besitzt eine Villa am Semmering, ihre Tochter Anna Mahler verlobt sich während eines Aufenthalts im Kurhaus mit Paul Zsolnay.




14. Januar 1802 zu Mittage in Gräz


Luftlinie:46 km

Die Stadt Graz und die Leute gefallen Seume (eine der schönsten großen Gegenden, die er bis jetzt gesehen hat), hier will er einige Tage bleiben.




Als Seume das Schloss oberhalb von Graz besucht, stand ein Korporal dort und pfiff mit großer Andacht eines der besten Stücke aus der Oper: die Krakauer, welche die letzte Veranlassung zum Ausbruch der Revolution in Warschau war [Cud mnicmany czyli Krakowiacy i Górale - Das vermeintliche Wunder oder Die Krakauer und die Bergbewohner, 1794 Musik von Jan Stefani, Libretto Wojcicch Boguslawski] als aufrechte Bewahrer des Polentums. Dennoch erkannte man aber spätestens nach 1858, dem Datum der Warschauer Uraufführung von Moniuszkos Oper „Halka“, eine Warschauer Vorherrschaft auf dem Gebiet der polnischen Musik an. Auch ein so bedeutender Komponist wie der Krakauer Wladyslaw Zeleriski (1837-1921) änderte an dieser Positionierung nichts. Da ich die Oper dort genossen und das darauf folgende Trauerspiel selbst mitgemacht hatte, so kannst Du denken, daß diese Musik hier in Gräz ganz eigen auf mich wirkte. Eben diese Melodie hatte mich oft so sehr beschäftigt, daß ich manchmal in Versuchung gewesen war, für mich selbst einen eigenen Text darauf zu machen, da ich das Polnische nicht sonderlich verstehe. Die Gefängnisse des Schlosses sind jetzt voll Verbrecher, die mir mit ihren Ketten entgegenklirrten. Das Spital, gleich unten am Schloßberge, ist von Joseph dem Zweiten, ein stattliches Gebäude.



Seume geht in die Oper und findet sie gut und vergleicht die Grazer mit den Leipziger Zuständen:
daß ich auf meiner ganzen Wanderschaft kein so schlechtes Schauspielhaus gesehen habe, als bei uns in Leipzig. Hier in Östreich und durch ganz Italien und auch in Frankreich sind überall gehörige bequeme Vorzimmer am Eingange, und die meisten haben Kaffeehäuser von mehrern Piecen, wo man Erfrischungen aller Art und gut haben kann. Bei uns wird das Publikum in einem schlechten Winkel ziemlich schlecht bedient, und für Bequemlichkeit und Vergnügen derjenigen, die nun gerade diese Szene oder diesen Akt nicht sehen wollen, ist gar nicht gesorgt. An Feuersgefahr scheint man ebensowenig gedacht zu haben, und sperrt das Publikum auf Gnade und Ungnade ohne Rettung und Ausflucht zusammen.
Im Gasthaus erzählen die Leute von der Bärenjagd, voriges Jahr wurden in der Gegend 12 geschossen. Vor einigen Jahren wurde eine Bärin erlegt, die Junge hatte, und auf einen Hof geschafft. Kurze Zeit nachher folgten die Jungen der Fährte der toten Mutter und setzten sich vor dem Hofe auf einen alten Lindenbaum, wo sie sich endlich ruhig fangen ließen.

heute







Luftlinie: 40km

Von Graz aus ist es sehr kalt, und es wird immer kälter. Die erste Nacht bleibt Seume in


Ehrenhausen,

einem ganz hübschen Städtchen, das seinem Namen Ehre macht, wo ich von meiner lieben Murr Abschied nahm.
Der Ofen glüht, aber das Zimmer wird nicht warm.



Luflinie: 40 km

Von Ehrenhausen geht es über Marburg [Maribor] an der Drau [Drava] weiter.
Das Deutsche hörte nunmehr unter den gemeinen Leuten auf, und das Italienische fing nicht an: dafür hörte ich das krainische Rotwelsch, von dem ich nur hier und da etwas aus der Analogie mit dem Russischen verstand. Die Russen tun sich etwas darauf zugute, daß man sie soweit herab in ihrer Muttersprache versteht, und nennen sich deswegen die Slawen, die Berühmten, ungefähr so wie die heutigen Gallier sich die große Nation nennen. Bis nach Triest und Görz wurden sie hier überall verstanden. Die Polen sprechen sogleich leicht und verständlich mit ihnen, und die Böhmen finden keine große Schwierigkeit.

vorgestern
Die Geschichte der Steiermark und Sloveniens
Seit 1283 ist die Steiermark im Besitz des Hauses Habsburg. Kaiserin Maria Theresia führt durchgreifende Reformen und Veränderungen durch, auch in der Steiermark. Der Einfluss der Stände wird zurückgedrängt, die Verwaltung zentralisiert, innerösterreichische Behörden in Graz aufgelöst, die Steiermark in fünf Kreise eingeteilt: Judenburg, Bruck an der Mur, Graz, Marburg und Cilli. Im Zuge der Bildungsreform erhält die Grazer Universität 1778 eine juridische Fakultät.
Kaiser Joseph II. geht noch weiter, er reduziert die spärlichen Reste der Selbstverwaltung der Städte und Märkte, ändert die Verwaltungseinteilung der Kirche, drei Diözesen für die Steiermark, 32 steirische Klöster hebt er auf und verbietet länger dauernde Wallfahrten.
1797 dringt das französische Heer über den Neumarkter Sattel in die Steiermark ein. Napoléon kommt nach Graz, in Leoben im Eggenwald’schen Gartenhaus unterzeichnen er und Österreich einen Vorfrieden, seine Truppen ziehen wieder ab. 1801 sind sie wieder da, besetzen Teile der Steiermark, bedrängen die Bevölkerung mit Requisition und Kontribution. Die Kriege zur Abwehr Napoleons kosten das Land viele Opfer, am Ende der über 20jährigen Kriegszeit ist die Steiermark erschöpft.



Das Bergbaugebiet der Obersteiermark wird Zentrrum der Industrialisierung, die Eisenbahn-Süd, Verbindung zum Hafen Triest, wird wichtigste Bahnlinie der Monarchie.
Der Versuch, das Kaisertum Österreich nach der Revolution 1848 weiterhin absolutistisch zu regieren, bricht im Sardinischen Krieg 1859 kläglich zusammen. Der Nationalismus bekommt immer größere Bedeutung. Die deutschnationalen Kreise fühlen sich den wenigen Slowenen gegenüber geistig und kulturell überlegen. Die Spannungen zwischen den Steirern nehmen zu, Brennpunkte sind neben Marburg vor allem Cilli.
Im 1. WK. kämpfen die Slowenen loyal auf Seiten der k.u.k. Armeen vorwiegend an der russischen Front, dann an der Isonzo-Front von Triest bis nach Südtirol unter schwierigsten Bedingungen, über eine Million Soldaten kommen ums Leben.



Nach dem Zerfall des Habsburgerreiches beschließt 1918 der Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben die Loslösung von Österreich-Ungarn und den Zusammenschluss aller Südslawen zu einem neuen Land, Jugoslawien.
Im 2. WK wird der Süden und Westen bis einschließlich Ljubljana von der italienischen Armee besetzt und als Provinz Laibach dem Königreich Italien einverleibt, nach dem Sturz Mussolinis wird das Gebiet dem deutschen Obersten Kommissar unterstellt.
Heydrich plant die Umsiedlungen von Slowenen und "Windischen", soweit das rassisch und politisch erforderlich ist.
Gegen Ende des Krieges und danach kommt es zu schweren Kriegsverbrechen durch Tito-Partisanen.

gestern
Nach dem Krieg fällt der Großteil des ehemaligen österreichischen Küstenlandes von Italien an die jugoslawischen Teilrepubliken Slowenien und Kroatien, das Hinterland von Görz kommt an Slowenien, der größte Teil der Stadt aber an Italien, die slowenische Stadt Nova Gorica entsteht. Triest kommt unter internationale Kontrolle, 1954 an Italien, das Hinterland an Jugoslawien.
1991 löst sich Slowenien aus dem Staatsverband Jugoslawien und erklärt seine politische Unabhängigkeit, im 10-Tage-Krieg verhindert der slowenische Widerstand die Besetzung, Slovenenien wird international anerkannt.



Seume weiter auf dem Weg nach Italien ...



Von Gannewitz [Slovenske Konjice]

aus ist ein hoher, furchtbar steiler Berg, weit steiler als der Sömmering; so daß 34 Ochsen und sechs Pferde an einem Frachtwagen zogen, den die sechs Pferde auf gewöhnlichen Wegen allein fortbrachten.

Seume kommt ziemlich spät in Cilli [Celje] an, tut sich gütlich an sehr gutem Bier, das nun ziemlich selten zu werden anfängt, er muss wiederwillig Wein trinken.


Luflinie: 70 km

In der Nacht und am folgenden Tag hat er Ohnmachtsanfälle. Er führt es auf den Kalkputz zurück.

Luflinie: 40 km


Über Franz (Vransko)



nach Sankt Oswald (? Ožbalt an der Drau - wäre Umweg und viel zu weit im Norden, Luflinie 51km! Verwechslung?), wo Seume mit viel Anstrenung ankommt und der unfreundliche Gastwirt ihn weiterschickt.
Ich nahm ganz leise meinen Reisesack und ging zur Tür hinaus.
und schritt ganz trotzig an dem Berge durch die Schlucht hinunter in die Nacht hinein. Die tiefe Dämmerung, wo man aber doch im Zimmer noch nicht Licht hatte, und mein halb polnischer Anzug mochten mir auch wohl einen Streich gespielt haben: denn ich glaube fast, wenn wir einander hätten hell ins Gesicht sehen können, es wäre etwas glimpflicher gegangen.
Die Gegend war nun voll Räuber und Wölfe, wie man mir erzählt hatte, ich marschierte also auf gutes Glück geradezu. Ungefähr eine halbe Stunde von dem Heiligen der schlechten Gastfreundschaft traf ich wieder ein Wirtshaus, das klein und erbärmlich genug im Mondschein dort stand. Sehr ermüdet und etwas durchfroren trat ich wieder ein, und legte wieder ab. Da saßen drei Mädchen, von denen aber keine eine Silbe deutsch sprach, und sangen bei einem kleinem Lichtchen, ihrer kleinen Schwester ein gar liebliches krainisches Wiegentrio vor, um sie einzuschläfern. Endlich kam der Wirt, der etwas deutsch radbrechte: dieser gab mir freundlich, Brot, Wurst und Wein, und ein Kopfkissen auf das Stroh. Ich war sehr froh, daß man mir kein Bett anbot; denn mein Lager war unstreitig das beste im ganzen Hause. Es war mir lieb, bei dieser Gelegenheit eine gewöhnliche krainische Wirtschaft zu sehen, die dem Ansehen nach noch nicht die schlechteste war, und die doch nicht viel besser schien, als man sie bei den Letten und Esten in Kurland und Livland findet.

Über Popetsch (?) und die große hölzerne Brücke nahe dem Zusammenfluss von Save und Laibach gelangt Seume nach Laibach (Ljubljana).



In der Komödie genießt er Kotzebues 'Bayard'.
Die Kaffeehäuser, findet unser Reisender, sind in Gräz und Laibach weit besser als in Wien; und das hiesige Schweizerkaffeehaus ist ganz artig und verhältnismäßig anständiger, als das berühmte Milanosche in der Residenz, wo man sitzt, als ob man zur Finsternis verdammt wäre.
Einige Barone aus der Provinz, die in meinem Gasthofe speisten, sprachen von den hiesigen öffentlichen Rechtsverhältnissen zwischen Obrigkeiten und Untertanen, oder vielmehr zwischen Erbherren und Leibeigenen; denn das erste ist nur ein Euphemismus: und da ergab sich denn für mich, den stillen Zuhörer, daß alles noch ein großes, grobes, verworrenes Chaos ist, eine Mischung von rechtlicher Unterdrückung und alter Sklaverei.

Über das Betragen der Franzosen hört er nichts Schlechtes. Vom Erdbeben sieht man kaum etwas.
Hier macht Seume eine Pause, lässt seine Hemden waschen und Stiefel besohlen.

gestern
Nachdem 1929 Laibach Hauptstadt der Drau-Banschaft (Dravska banovina) im Königreich Jugoslawien, kurz italienisch und deutsch besetzt (1942 zäunen es die Deutschen mit Stacheldrahtzaun ein) und 1945 Hauptstadt der Volksrepublik Slowenien in Jugoslawien wird, ist es seit 1991 nach der Unabhängigkeit Sloweniens dessen Hauptstadt.










Paul Gompitz fährt er mit dem frühesten Zug, dem Eurocity «Romulus», ins Gebirge hinein. Regenwetter, von den Alpen ist nicht viel zu sehen und in seiner gespannten Müdigkeit ist Paul allein mit dem Reisegefährten Seume unterwegs. Für die Strecke von Wien durch die Ostalpen nach Triest im Januar 1802 hat der ganze 24 Tage gebraucht. Er schämt sich fast dafür, das erste Ziel, bequem sitzend, in achteinhalb Stunden zu erreichen. Du weißt, Seume, murmelt er vor sich hin, während der Zug durch die Wolken auf den Semmering steigt, ich wäre auch gern so gelaufen wie du, zwei Jahre Zeit und das Geld dazu, aber ...
Er hat Seumes Route genau im Kopf, eingebrannt seit Jugendzeiten, er will ihr nach Möglichkeit folgen. Dank Seume findet er sich ausreichend vorbereitet und verzichtet auf teure, dicke Reiseführer.

Heute
hat Ljubljana 280.000 Einwohner.
Überraschend: Nur wenige Wochen nach Entdeckung eines neuen Massengrabes mit über 4.000 Opfern von Titopartisanen in einem slowenischen Bergwerk beschließt der Stadtrat 2009, wieder eine Straße nach Josip Broz Tito zu benennen, was 60 % der Bevölkerung gutheißen. Das Verfassungsgericht verbietet das aber.