Lothar-Günther Buchheim
Berserker und Schweinehund
Der schlimmste Vater

Gnadenloser könnte sie nicht sein die Abrechung des Sohns mit seinem Vater ...

Und besser könnte das Datum nicht gewählt sein: Am 100. Geburtstag des Verdammten, mit dem der Sohn schon zu Lebezeiten gebrochen und einen Erbverzicht unterzeichnet hat, erscheint der Familienthriller.

Diese überproportionale Intelligenz. Dieser geborene Künstler. Aber auf der anderen Seite: ein richtiger Schweinehund.
Yves' Mutter, Französin, lernt den Vater im zweiten Weltkrieg kennen. Buchheim ist Kriegsberichterstatter und mit seiner U-Boot-Flottille in La Baule in der Bretagne stationiert. Vor dem Café der Großmutter im Hafen ein großes Schild:

Nur für Wehrmachtsangehörige.

Wer kennt sie nicht die Musik und Herbert Grönemeyer, Martin Semmelrogge, Jürgen Prochnow, Uwe Ochsenknecht?

Der Film ist mit 5,8 Millionen Zuschauern in Deutschland bei den zehn erfolgreichsten deutschen Filmen dabei. In den USA spielt er 11.487.676 Dollar ein.
Nach dem Krieg bleiben die Eltern ein paar Jahre in Feldafing, dann verlässt die Mutter die Familie, geht mit neuem Mann in die USA. Yves: "Ich wurde in Feldafing geparkt".
"Mein Vater war der schlimmste Vater, den man sich eigentlich als Kind überhaupt vorstellen kann. Er hat auch zu mir gesagt, zum Beispiel: 'Solche Menschen wie dich, die hätten schon längst erschossen gehört. Weil: Du weißt zu viel.'"

Yves ist anfangs beteiligt an der Steuerhinterziehung (inzwischen verjährt). "Für meinen Vater war der größte Horror, dass er Gelder an den Staat hätte liefern müssen. Und deswegen hat er angefangen, sein ganzes Geld in die Schweiz zu bringen." Bis in die Achtziger Jahre hilft Yves, in der Schweiz das Schwarzgeld zu verwalten. Viele Millionen-Geschäfte werden auch über eine Firma in Panama abgewickelt.
Während die Buchheims dem Fiskus über die Schweiz mehr als 40 Millionen D-Mark entziehen, baut der Freistaat Buchheim ein Museum. Ministerpräsident Stoiber 1997: "Wer stellt denn ein Vermögen von 200 Millionen Mark zur Verfügung? Kenne ich keinen, der kann es ja genauso gut verscherbeln." Es ist eine großartige Sammlung eines großen Betrügers.



Nach dem Krieg stiehlt Buchheim den Amerikanern Wertsachen und Unmengen Benzin und wird zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Yves. "Das gab's nicht im Haus Buchheim. Diese Akte war nicht vorhanden. Die gab es nicht. Es gab viele andere Sachen auch nicht. Natürlich durfte man ihn nicht ansprechen."
Auch nicht darauf, wie nah Buchheim als Kriegsberichterstatter tatsächlich den Nazis war. Immerhin schrieb er im Schulungsbrief der NSDAP und war bereits sehr früh HJ-Führer. Nach dem Krieg geriert sich Buchheim als genialischer Sammler.
Buchheim Legende, wie er zu seiner Expressionisten-Sammlung kam: Nach dem Krieg seien Bilder von Kirchner, Pechstein, Dix noch für einen Apfel und ein Ei zu haben gewesen. "Aquarelle von Otto Dix, die heute eine Viertel Million wert sind: Die gab es damals für zwei- und dreihundert Mark zu kaufen".

Yves: "Da fuhr er dann regelmäßig zur Frühjahrs- und Herbstmesse in Leipzig mit seinem Kombiauto, in das schmiss er seine ganzen Zeichnungen. Und alles, was er so hatte, sein Malzeug, alles hinten rein. Totales Chaos und fuhr als Maler getarnt in die DDR." Vor allem in Sachsen, wo die Brücke-Maler gewirkt hatten, hingen noch viele Meisterwerke in den Wohnzimmern. Buchheim bezahlt mit in der DDR heißbegehrter D-Mark, nimmt die Gemälde aus den Rahmen und legt sie in den Kofferraum. "Dazwischen immer wieder Bilder von ihm und Aquarelle und alles was er hatte. Und so fuhr er dann wieder raus."





Lothar-Günther Buchheim

geboren Weimar 1918, Sohn der in Chemnitz lebenden unverheiratete Malerin Charlotte Buchheim. Maler, Fotograf, Verleger, Kunstbuch- und Romanautor, Filmemacher, Sammler und Gründer des „Buchheim-Museums der Phantasie“ in Bernried am Starnberger See.
1926 zieht die Familie (Lothar-Günther hat einen Bruder) nach Rochlitz, wo er seine restliche Kindheit verbringt. Seine Mutter hat einen Erzgießereibesitzer geheiratet und zieht 1930 wieder nach Chemnitz zurück. Buchheim wird früh als „malendes Wunderkind“ bezeichnet und arbeitet bereits an Zeitungen und Zeitschriften sowie an Kollektivausstellungen mit. Als 17-Jähriger bekommt er seinen ersten öffentlichen Auftrag von der Stadt Chemnitz.
Nach dem Abitur 1937 zieht er nach Italien, wo er sein erstes Buch "Tage und Nächte steigen aus dem Strom" verfasst. Ab 1939 studiert er an der Hochschule für bildende Künste in Dresden und an der Akademie in München Kunst, tritt 1940 in die Kriegsmarine ein und leistet Dienst als Kriegsberichterstatter auf Minenräumbooten, Zerstörern und U-Booten, zuletzt im Range eines Oberleutnants.

Während und nach dem Kreig schreibt er zahlreiche Bücher über diese Erfahrungen, worauf auch sein bekanntestes Werk "Das Boot" von 1973 beruht. 1944 entkommt Buchheim mit U 309, einem der letzten deutschen U-Boote in den Atlantikhäfen in Frankreich, aus der Festung Brest und flieht quer durch Frankreich zurück nach Deutschland. 1941 bis 1943 beteiligt er sich mit insgesamt 21 Zeichnungen – Porträts von Offizieren und Darstellungen von U-Booten – an der Großen deutschen Kunstausstellung in München und ist damit zahlenmäßig einer der am besten vertretenen Künstler auf dieser Leistungsschau des Dritten Reiches.
Nach Kriegsende verfasst er Bücher über Kunst und den Zweiten Weltkrieg, gründet 1951 einen Kunstbuchverlag und beginnt seine Kunstsammlung. 1972 macht Buchheim eine Malerreise über New York und San Francisco bis in die Südsee.
Mit knapp 65 will er Malen und Schreiben beenden und seine gesammelten Werke im Duisburger Lehmbruck-Museum unterbringen, was scheitert. 1996 gründet er die Buchheim-Stiftung, die das Buchheim-Museum finanziert, das er bis zu seinem Tod 2007 leitet.



Ebbe