Baille- oder Paille-Maille, engl. Pall Mall, italienisch Pallamaglia, war beliebte Freizeitbeschäftigung an den Fürstenhöfen Europas, ein Ballspiel des 16. und 17. Jahrhunderts, Vorläufer des Krocket.
Am Ende einer langen Bahn ist ein eiserner Reifen aufgehängt. Ziel des Spiels ist es, einen Ball aus Buchsbaumholz
mittels eines schweren hölzernen Schlägers (mallet) mit möglichst wenigen Schlägen entlang der Bahn und durch den Reifen zu schlagen. "Paille-Maille" bezeichnet nicht nur das Spiel, sondern auch den Holzschläger und die Bahn, auf der man spielte. Pall Mall und The Mall in London, und die Palmaille in Hamburg haben sich aus solchen Bahnen entwickelt, ihren Namen behalten. Im Schlosspark Pillnitz bei Dresden gibt es eine Maillebahn, in Esslingen heißt der Stadtpark Maille, und in den USA geht man Einkaufen in shopping malls.
Auch der über 500 Meter lange „Lindendom" im Hofgarten von Ansbach hat eine eine Maille-Bahn aus feinem Sand
beschattet. Und auch die Eremitage in Bayreuth hatte eine Baille-Maille-Anlage.
1575 schreibt Orlando di Lasso, der Komponist an Wilhelm V., den Bayernherzog:
Heute habe ich sehnlichst gewünscht, Eure Hoheit wären auf der Spielbahn dabei gewesen, wo Ihr ungeheuerliche Schläge hättet sehen können ... "
Die Spieleinsätze sind mitunter abentuerlich hoch, was Verbote zur Folge hat, die aber der Beliebtheit des
Spiels keinerlei Abbruch tun.
In Himmelkron lässt Markgraf Christian Ernst 1662 eine Lindenallee als Baille-Maille-Bahn anpflanzen.


Im Jahrgang 1850 lesen wir über diese Allee:





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Chronologie
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1662/1663: Anpflanzung der ersten Lindenallee-Bäume unter Markgraf Christian Ernst
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1664: Auf einem Plan verzeichnet: „1664 angepflanzte Lindenallee".
Errichtung eines Schutzdammes gegen die Allee sowie: Der Anfang wurde mit einem von 6 Linden umgebenen Eremitenhaus auf der Majenbrücke gemacht, woraus an dessen Stelle unter des Markgrafen Ernst Sohn Georg Wilhelm ein Salet (Gartensaal) wurde, in welchem die Markgrafen bei ihren Sommer-Compagnements - den hochfürstlichen Ablegern mit den Vornehmen des Hofes speisen konnten.
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1681: Hofdiakon Professor Magister Laurus: zu loben ist es Himmelkron wegen seiner
sehr lieblichen Lage, der sehr angenehmen Reihe jagd und seiner Wurfspielbahn.
Letzteres ist die Baille Maillie Bahn, in welcher man zur Leibesübung seiner force oder Geschicklichkeit probiert, wie weit man eine rund gedrehte Kugel hinausschlagen konnte.
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1694: Über den seit den 70er Jahren als Alleewärter tätigen Conrad Bauer aus Hegnabrunn, genannt „der
Schnaken-Kunz": Er war ein Possenreißer und darum nicht nur bei dem Volk, sondern
auch bei den allerhöchsten Herrschaften beliebt und wurde fleißig zu deren Gesellschaften beigezogen.
Fällt beim Markgrafen in Ungnade, weil er auf Aufforderung hin nicht erscheint - er hatte einen Rausch - wird abgesetzt. Aufgrund einer Bittschrift an die Markgräfin Sophie Luise wieder in sein Amt gesetzt. Er verspricht, dass er „ ... allen neuen Narren als ein alter Narr mit gutem Beispiel vorgehen wolle."
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1717: bei der Baille-Maille-Allee wird zu Ehren Markgrafs Georg Wilhelm das Schäferspiel
"Beglückende Belinde" aufgeführt. Anwesend auch die Schwester des Markgrafen,
Christiane Eberhardine, Königin von Sachsen und Polen
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1723: Freiherr Karl Ludwig von Pöllnitz auf seiner Reise durch Europa; er besucht auch die
Maille-Bahn in Himmelkron und schwärmt von der längsten in Europa
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1739: Pfarrer Teichmann von Stammbach in seiner Beschreibung von Himmelkron samt Biografie
des. Dieser habe ausser dem Hofgarten eine nicht viel ihres gleichen habende
Bale-Maille oder Alée von 1000, starcken Mannes-Schritten in die Länge angerichtet, welche mit vierfach
besetzten Linden annoch in ihrem besten Flor zu sehen, und ausser Streit für eine der allerschönsten in
ganz Deutschland zu halten ist. Himmelcron geniesset noch heut zu Tage oft die Ehre; dass fremde
Passagier vornehmlich dahin reisen, diese wunderschöne und weltberühmte Alée zu besehen ...
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1744-47: Markgräfin Wilhelmine in ihren Memoiren: In Himmelkron gibt es von Spaziergängen nichts als einen Mail, der beinahe so schön ist, wie der in Utrecht.
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1769: In der Allee werden von den einst 800 Linden noch 779 gezählt.
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1771: ... auf Serenissimi gdst. spezial Befehl ist verordnet worden, außerordentlich schöne Maille zu
Himmelkron fernerhin unterhalten zu lassen
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1792: gegen den Widerstand der Bevölkerung holzen die Preußen die Allee ab - rund 800 Bäume! (Füsilier-Bataillon Renouard aus Bayreuth).
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1986: Beginn der ersten Wiederanpflanzung von 160 Bäumen auf Initiative des Förderkreises Himmekron
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1992: Regierungspräsident Dr. Erich Haniel pflanzt die letzte Linde zum Gedenken an die Abholzung vor 200 Jahren.
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Die Bäume haben inzwischen das Setzlingsstadium hinter sich gelassen, die „Baille-Maille-Lindenallee“ blüht und gedeiht. Seit 2004 Schauplatz eines Projektes, das wohl auch dem Geschmack feinsinniger Herrschaften barocker Adelsprovenienz entsprochen hätte:
Künstler stellen Plastiken aus unter dem Motto: „Blick zurück nach vorne“.
Anlass der Skulpturenmeile: 725 Jahre Gemeinde Himmelkron. Die Allee wird Freiluftgalerie, um im Wechselspiel mit den klar gegliederten Baumreihen und ihrer raumgreifenden Perspektive die Skulpturen nicht nur in das große Ganze einzufügen, sondern auch, um interessante, bereichernde Akzente zu setzen.
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