Abgeschlagener Kopf
Schloss in den Wolken
Innen- u.Außenminister, Industrieller
Maler des Lichts




Wer dem Blick des Kopfes am Rathaus von Freiberg folgt, sieht einen schwarzen Stein im Pflaster des Marktplatzes:
Hierhin rollt 1455 der abgeschlagene Kopf des Ritters Kunz von Kauffungen. Es war die Todesstrafe für den Prinzenraub, den Kunz zusammen mit Wilhelm von Schönfels und Wilhelm von Mosen kurz vorher begangen hatte.
Man hatte den Vater der zwei Prinzen, den Kurfürsten von Sachsen, erpressen wollen, ihm Entschädigung für ein Lösegeld, für Zerstörungen an Gütern in Thüringen und die Enteignung des Rittergutes Schweikershain erpressen wollen - was scheiterte.








Rettung eines Prinzen

Kunz von Kauffungen - eigentlich Konrad von Kaufungen, geboren um 1410 auf Gut Kaufungen/Limbach-Oberfrohna, stammt aus der Familie von Kaufungen, einem niederen sächsischen Adelsgeschlecht. Er ist Burgvogt von Altenburg, Besitzer des Schlosses Wolkenburg, der Burg Stein und böhmischer Ländereien. Im Sächsischen Bruderkrieg kämpft er auf seiten des Kurfürsten Friedrich des Sanftmütigen. Sein Gut in Thüringen wird verwüstet, der Kurfürst entschädigt ihn mit dem Gut Schweikershain. Kunz überfällt als Raubritter Handelskarawanen, die Böhmen nehmen ihn gefangen, nach zwei Jahren kommt er durch Lösegeldzahlung frei.


Schloß Wolkenburg: Der Name sagt es:
Vom Muldental scheinen sich seine Mauern direkt aus den steil abfallenden Felspartien zu erheben –
ein Schloss scheinbar in den Wolken schwebend ...





1635 erwirbt Heinrich Hildebrand von Einsiedel (1586–1651) aus Scharfenstein die Wolkenburg.

Der in den Grafenstand erhobene Familienzweig bewohnt das Schloss und bewirtschaftet das Gut bis zur Enteignung 1945. Die Anlage geht ins Gemeindeeigentum über und seit 2000 ghört es der Stadt Limbach-Oberfrohna. Zwischen 1694 und 1700 lassen die Einsiedels die Burganlage zu einem Schloss und den vorgelagerten Park zum Renaissancegarten umgestalten. 1760 bis 1810 nimmt Detlev Carl Graf von Einsiedel weitere Umbauten vor.



Bibliothek: Der runde, zweigeschossige Raum ist für Sachsen von herausragender Bedeutung, erstmals mit neugotischen Elementen ausgestattet.



Der große Festsaal mit Stuckdekorationen des Oeser-Schülers Christian Unger (1746–1827) von 1790 gehört zu den bedeutendsten Zeugnissen frühklassizistischer Raumkunst in Sachsen.

Aus dieser Zeit stammt auch der Schlosspark im englischen Stil mit Eisenkunstgussplastiken aus der Kunst- und Glockengießerei Lauchhammer, seit 1776 im Besitz des Grafen.

Der Osttiroler klassizistische Bildhauer Joseph Mattersberger (1755–1825) kommt 1784 nach Sachsen, wo er in die Dienste des Grafen tritt. Zusammen mit Thaddäus Ignatius Wiskotschill entwickelt er ein Verfahren zur Herstellung von Eisenkunstgussplastiken im Wachsausschmelzverfahren.
















St. Mauritius am Fuß des Schlossbergs gilt als bedeutendste und stilreinste klassizistische Dorfkirche Sachsens.



Detlev Graf von Einsiedel (1773-1861)
Leitender Kabinettsminister, Innenminister, Außenminister, Industrieller, Rittergutsbesitzer

Nach dem Besuch der Kreuzschule in Dresden studiert er Jura in Wittenberg, wo ihn eine enge Freundschaft mit Novalis verbindet. Nach dem Studium absolviert er eine Bildungsreise zu den oberschlesischen Eisenwerken und tritt 1794 in den sächsischen Staatsdienst. Seine Karriere beginnt beim Kreisamt Schwarzenberg, setzt sich über den Amtshauptmann des Meißnischen Kreises zum Obersteuer-Einnehmer fort und 1797 tritt er als Kammerherr in eine gewisse Nähe zum Dresdner Hof, 1801 erhält er als Geheimer Finanzrat die erste besoldete Stelle erhält.
Er zeichnet sich durch exzellente Kenntnisse der Verwaltung und Finanzwirtschaft sowie durchdachte Vorschläge zur Verbesserung des Gendarmeriewesens aus. Auf dem Landtag 1811 arbeitet er federführend an einer Reform des Grundsteuer- und Abgabesystems mit. Seine Ernennung zum Kabinettsminister und Staatssekretär des Inneren finden in einer Krisenstunde des sächsischen Staats statt, als das Land trotz gegenteiliger diplomatischer Versuche an die Seite Napoleons zurückkehren muss. Die Übertragung des Außenministeriums auf Graf Einsiedel interprietiert die Literatur übereinstimmend als Verlegenheitslösung, da er weder Neigung noch Erfahrung für dieses Amt mitbrachte. Dennoch akzeptiert er beide Funktionen und findet sich unversehens in einer einzigartigen Machtstellung wieder, die er gegenüber den übrigen engen Beratern des Königs nun sukzessive ausbaut. Nach der Völkerschlacht von Leipzig begleitet er seinen Monarchen Friedrich August I. in die Gefangenschaft nach Berlin und Friedrichsfelde. Von hier aus bemüht er sich, den sächsischen Interessen auf dem Wiener Kongress Gehör zu verschaffen. Auch wenn der Fortbestand Sachsens letztlich vom Willen der Großmächte abhing, kommt Einsiedels Diplomatie doch insofern Bedeutung zu, als es ihr gelang, in der europäischen Öffentlichkeit unter Betonung des Legitimitätsprinzips heftige Widerstände gegen die preußischen Annexionspläne zu erzeugen.

Nach der Teilung Sachsens 1815 stabilisiert er das geschwächte Land durch nachhaltige Sanierung der Staatsfinanzen und Verkleinerung des Verwaltungsapparats. Auch bringt er die Ausgleichsverhandlungen mit Preußen 1819 zum korrekten Abschluss.
Der Graf nimmt aber weder eine komplette Reorganisation der Verwaltung vor noch setzt er die 1811 begonnene Reform fort. Sachsen gilt daher in der "Ära Einsiedel" als besonders rückständiger Staat. 1817 entmachtet Einsiedel das im adligen Ständetum verwurzelte Geheime Konsilium und baut seine Machtstellung damit noch einmal entscheidend aus. Als Vertreter des Hochstifts Meißen in der Kurie der Prälaten, Grafen und Herren nimmt er darüber hinaus Einfluss auf den Verlauf der Landtage bis 1830.
Außenpolitisch folgte er im Wesentlichen dem von seinem Schwager Friedrich Albert von der Schulenburg-Klosterroda und Friedrich Ludwig Breuer getragenen diplomatischen Kurs der engen Anlehnung an Österreich, ohne eigene Ideen zu entwickeln. Die nach dem Wiener Kongress weiter gefährdete Souveränität Sachsens versucht er durch die Vermittlung neuer dynastischer Verbindungen zwischen den Wettinern und anderen europäischen Herrscherhäusern zu stärken. Große Aufmerksamkeit widmet er auch dem Zustandekommen des Mitteldeutschen Handelsvereins 1828.

Unter den parallel zu seinem Ministeramt bekleideten Funktionen kommt v.a. dem Direktorium der Ökonomischen Gesellschaft in Dresden (seit 1817) Bedeutung zu. In diesem Amt tritt Einsiedel für zahlreiche Gewerbeförderungsmaßnahmen und für die Gründung einer Technischen Bildungsanstalt, der späteren Technischen Universität, in Dresden ein. Als Direktor der Königlichen Sammlungen (1824-1829) fördert er begabte Künstler.

Mit zunehmender Dauer seiner Amtszeit formiert sich gegen Einsiedel eine Opposition, die sich u.a. für zeitgemäße Reformen, Öffentlichmachung der Landtagssitzungen und Vorlage eines Staatshaushalts engagiert. Diese Forderungen weist er strikt zurück. Der Gegensatz zu den Ständen und fortschrittlich gesinnten Beamtenkreisen verschärft sich, als der von ihm selbst angekündigte Rücktritt nach dem Tod


König Friedrich Augusts I. + 1827

ausbleibt und er stattdessen auch unter dem völlig unerfahrenen Nachfolger König Anton weiter als Leitender Kabinettsminister fungiert. Noch im Frühjahr 1830 glaubt er den Fortschrittswillen der Bevölkerung dämpfen zu können, indem er die Ernennung des beliebten Prinzen Friedrich August zum Mitregenten schroff ablehnt. Damit wird er vollends zum Symbol der Stagnation. Unter dem Eindruck der revolutionären Ereignisse in Dresden muss er, mittlerweile als "bestgehasster Mann Sachsens" geltend, 1830 von allen Staatsämtern zurücktreten.

Als Unternehmer verfügt er mit den Rittergütern Mückenberg, Ehrenberg, Frauendorf, Kaufungen mit Bräunsdorf, Niederfrohna und Wolkenburg sowie den Eisenwerken in


Lauchhammer (sorb. Luchow)

Burghammer (sorb. Bórkhamor) und Gröditz, die er teils selbst besitzt, teils als väterliches Erbe im Auftrag seiner Geschwister verwaltet, über ein beträchtliches ökonomisches Potenzial. Seinem patriarchalischen Leitungsstil stehen bedeutende und zukunftsweisende technische Innovationen auf dem Gebiet der Eisenverhüttung gegenüber. Neben dem Ausbau von Lauchhammer und Gröditz errichtet Einsiedel ein neues Werk in Berggießhübel (1833/36). 1849 gelangt zudem das Eisenwerk Riesa in seinen Besitz. Seine Eisenwerke gehören zu der 1840 von ihm gegründeten "Gewerkschaft der Gräflich Einsiedelschen Eisenhütten". Dieser Familienverband trägt in entscheidendem Maß zur Entwicklung der mitteldeutschen Stahlindustrie bei. Seine Hauptproduktionsstätte Lauchhammer macht sich darüber hinaus als bedeutender Standort des (Eisen-)Kunstgusses einen Namen. Der von Einseiedel geförderte Ernst Rietschel lässt hier u.a. Teile des Friedrich-August-Denkmals in Dresden und des Lutherdenkmals in Worms sowie das


Standbild Carl Maria von Webers in Dresden

anfertigen. Zeitlebens bleibt Einsiedel federführend bei der Leitung der Hüttengewerkschaft; nach seinem Tod tritt durch Misswirtschaft und Überschuldung ihr rascher Verfall ein.

Des Grafen Frömmigkeit ist in den pietistischen Prägungen seines Elternhauses begründet. Sie machen ihn zur Führungsgestalt der sächsischen Erweckungsbewegung. Jahrelang unter dem Einfluss des Dresdner Geistlichen Martin Stephan stehend, wendet er sich gegen rationalistische Tendenzen in der lutherischen Landeskirche und befördert Einrichtungen der kirchlichen Erneuerung, wie die Sächsische Bibelgesellschaft, deren Präsident er 1825 wird. Viele Jahre gehört Einsiedel dem Komitee des Dresdner Missionsvereins an. 1836 beteiligt er sich an der Gründung der Evangelisch-lutherischen Missionsgesellschaft. Mittels umfangreicher finanzieller Stiftungen fördert er zudem das Fletchersche Schullehrerseminar und die Diakonissenanstalt in Dresden.
Als Leitender Kabinettsminister und engster Vertrauter der Könige Friedrich August I. und Anton bestimmt er unter zunehmender Monopolisierung der Entscheidungsgewalt die sächsische Politik von der Zeit der Befreiungskriege bis ins Revolutionsjahr 1830. Dem streng konservativen, letztlich zur politischen Erstarrung führenden Kurs der "Ära Einsiedel" steht sein innovatives und erfolgreiches Handeln als Eisenhütten-Unternehmer und sein umfangreiches, einer tiefen Frömmigkeit entspringendes sozial-karitatives Engagement gegenüber. Sein Persönlichkeit wird damit zum Sinnbild einer der widersprüchlichsten Epochen sächsischer Geschichte schlechthin.
Nachfahren hat der Graf keine.




Fritz von Uhde (1848 -1911)
Maler des Lichts und Kavallerieoffizier

Auf Schloss Wolkenburg lebt auch Bernhard von Uhde (1817–1883), Kreis-Direktor von Zwickau, sächsischer geheimer Regierungsrat und Präsident des Evangelischen Landeskonsistoriums in Sachsen, zuletzt einsiedelscher Gerichtsdirektor, dem im Revolutionsjahr 1848 der Sohn Fritz geboren wird. Fritz von Uhde verbringt mit seiner älteren Schwester die früheste Kindheit auf Wolkenburg, ehe die Familie nach Zwickau umzieht.